Liebe Friedens- und Klimaaktive, liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 21. März, also vor einem Monat, hat der Bundesrat für die Kriegskredite gestimmt und damit den Weg frei gemacht für eine beispiellose Aufrüstung, die in den nächsten Jahren das Land überschwemmen wird. Die Begründung: wachsende Kriegsgefahr mit Russland. Es wird ernsthaft behauptet, dass Putin schon in naher Zukunft EU-Länder angreifen könnte. Dies würde aber einen NATO-Verteidigungsfall provozieren, der für Russland unmöglich zu gewinnen wäre. Was für ein Irrsinn!
Aber nicht nur die Kriegspropaganda aus dem konservativen und liberalen Lager versucht, die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen. Leider kommt auch von einigen Linken und Gewerkschaftern mitunter das Argument: Die Milliarden fließen sowieso, also schauen wir, dass das Kriegsgerät hier hergestellt wird, damit Beschäftigung aus der kriselnden Industrie in die Herstellung von Kriegsgerät überführt werden kann. Ein fatales Argument! Was heißt denn Vertretung der Beschäftigteninteressen? Geht es nicht eigentlich langfristig um sichere und sinnvolle Arbeit, ein gutes Leben in Frieden und Freiheit, in einer intakten Natur?
Wachstumsimpulse für die Wirtschaft, die durch die Aufrüstung gestützt werden – dieser sogenannte Rüstungskeynesianismus – ist ein industriepolitisches Strohfeuer!
Entweder stehen die Waffen und Geräte später einfach in Depots herum und vergammeln – Nutzwert für die Gesellschaft gleich null – oder es kommt wirklich zum Krieg und sie werden eingesetzt: beides katastrophale Signale, die keine Beschäftigung nachhaltig sichern und klimapolitisch verheerend sind!
Wachstum gibt es in der Rüstungsindustrie nur zum Preis der permanenten Aufrüstung und durch immer mehr militärische Auseinandersetzungen – und wer zahlt am Ende die Zeche? Die arbeitende Bevölkerung, die mit ihren Steuergeldern an den Staat die Aufrüstung finanziert und im Ernstfall ihren Kopf hinhalten muss.
Wir kritisieren auch entschieden die Zustimmung zum Sondervermögen durch die Linken in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Weder war dies notwendig, noch sollte sich die Linke eine Illusion darüber machen, wie viele Krümel sie später aus dem Infrastrukturfonds abbekommt – viel wichtiger ist die Abschaffung der Schuldenbremse, die jetzt in weite Ferne gerückt zu sein scheint.
Was lernen wir daraus? Dass nun potenziell unbegrenzt Geld für Rüstung ausgegeben werden kann, aber Infrastrukturinvestitionen, die unser aller Leben jeden Tag vereinfachen, gedeckelt und auf 12 Jahre begrenzt sind? Zumal unklar ist, welche Infrastrukturen letztlich überhaupt ein Stück vom Kuchen abbekommen und ob sie primär auf zivile statt auf militärische Nutzung verbessert werden. Das zeigt, worum es diesem Staat geht. Es geht ihm nicht darum, langfristig ein gutes Leben für Menschen, eine intakte Umwelt zu garantieren und Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Es geht dem Staat letztlich um die Sicherung von Handelswegen, Rohstoffzugängen und um einen guten Platz bei der Neuaufteilung der Welt – und wenn es den Atomkrieg bedeutet – DAS sind die Leitlinien des Aufrüstungswahns. Lasst uns da nicht mitmachen!
Anstatt dem Aufbau einer Kriegswirtschaft brauchen wir eine Konversion der Industrie und Wirtschaft insgesamt, die die echten Bedürfnisse der Menschen bedient und dabei den klimapolitischen Herausforderungen gerecht wird. Wir brauchen Geld für eine Verkehrs- und Energiewende, Wohnen, Bildung, Gesundheitsversorgung, soziale Grundsicherung – nicht für den Bau von Panzern!
Die hohe Nachfrage nach dem 9-Euro-Ticket hat gezeigt: Die Bevölkerung möchte einen öffentlichen Nah- und Fernverkehr, der ihrem Bedürfnis nach einer öffentlichen Mobilitätsversorgung auch gerecht wird. Dafür brauchen wir die nötige Infrastruktur und Produktion. Wir müssen verhindern, dass die Beschäftigungssicherung in der kriselnden Automobilindustrie durch Rüstungskonversion erfolgt.
Wenn eine Produktionsumstellung von Autos auf Panzer erfolgen kann – wie es der VW-Chef Oliver Blume zur Debatte brachte – dann kann auch eine Produktionsumstellung auf öffentliche und nachhaltige Mobilitätsgüter erfolgen. Wir müssen daher in den Betrieben eine kämpferische Betriebs- und Klassenperspektive für eine alternative Produktion zur Sicherung der Arbeitsplätze entwickeln und in der Klima- und Friedensbewegung die betriebliche Perspektive zum Aufbau von Gegenmacht für Frieden und ökologische Nachhaltigkeit schärfen. In Zeiten der Deindustrialisierung braucht es Zukunftsperspektiven für die Kolleginnen und Kollegen, in denen sie langfristig gesellschaftlich notwendige und ökologisch nachhaltige Produkte herstellen dürfen. Es bleibt eine zentrale Herausforderung, eine friedenspolitische Praxis zu entwickeln, die sich nicht in ideologischen Frontstellungen verliert, sondern konkrete Alternativen zur aktuellen Militarisierungspolitik aufzeigt.
Eine neue Friedensbewegung muss es sich zur Aufgabe machen, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und internationale Solidarität in den Mittelpunkt zu stellen – ohne sich von den Eigeninteressen der Staaten und großer Unternehmen instrumentalisieren zu lassen.
Klima & Klasse setzt sich für eine Friedenspolitik ein, die soziale und ökologische Aspekte nicht aus dem Blick verliert!
Die Verbindung von Klimakrise und Militarisierung ist kein Zufall – sie sind zwei Seiten derselben Medaille der kapitalistischen Weltordnung, die Profite über Menschenleben stellt. Eine gerechte Welt kann nur friedlich und ökologisch nachhaltig sein.