Wenn Klima und Arbeit gegeneinander ausgespielt werden, profitiert nur das Kapital – für eine solidarische Verteilung klimaverträglicher (Industrie-) Arbeit

Bericht unserer Unterstützung der Beschäftigten bei Opel Eisenach zum dezentralen Aktionstag der IG Metall

Am 29.10 war Klima und Klasse beim bundesweiten Aktionstag der IG Metall dabei. Bei strahlender Herbstsonne unterstützten wir in Eisenach den Kampf der Kolleg_innen dafür, ihre Interessen im Umbau der Industrie nicht zu vergessen, sie vielmehr in den Mittelpunkt zu stellen. Für die Beschäftigten von Opel ist das Problem der sozialen Ignoranz der Geschäftsführung im sogenannten ‚Transformationsprozess‘ akut: bis Ende des Jahres soll die Produktion vorerst ruhen. Die Produktion des Opel Grandland X wurde nach Souchaux verlagert, wo die Arbeitsbelastung vorher schon enorm war. Die Gründe des Vorstandsvorsitzendens von Stellantis (der Mutterkonzern von Opel) Carlos Tavares sind natürlich vorgeschoben: mal ist es Corona, mal ist es der Chipmangel, mal die Umstellung auf Elektromobilität, womit er die Verschiebung von Produktionskapazitäten bis hin zur Standortschließung je nach Gusto begründet. Die ökologische Krise soll herhalten, um Arbeitsplätze abzubauen. Das mittlerweile breite Verständnis für grundsätzliche Veränderungen im Namen des Klimaschutzes wird missbraucht, um Lohnkürzungen, Verlagerung und Beschäftigungsabbau zu begründen. So hetzt man die Leute gegeneinander und gegen den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen auf.

„Solidarität, egal was auf dem Auto steht“ – sogar über Ländergrenzen hinweg

Dem entgegen standen fast 1000 Beschäftigten nicht nur aus Eisenach: Auch aus Kassel/Baunatal und Zwickau sind hunderte Menschen angereist, um ihre Solidarität zu zeigen. Besonders war der Besuch aus Frankreich. 35 Gewerkschaftsvertreter_innen der CGT (dem linken Gewerkschaftsbund in Frankreich) sind nach Eisenach gekommen, um klarzumachen: auch wenn wir von der Produktionsverlagerung scheinbar kurzfristig profitieren, diese Praxis ist nicht in unserem Interesse, sondern nur dafür da, Profite zu maximieren, auf dem Rücken der Kolleg_innen in Deutschland UND Frankreich. So stellte ein Vertreter der CGT vor dem Hintergrund, dass auch in Frankeich Werksschließungen drohen, klar:

Wir müssen uns über Ländergrenzen hinweg bei Opel in Deutschland, PSA in Frankreich oder Vauxhall in England einig sein und gemeinsam gegen die Konzerninteressen von Stellantis stellen. Es gibt kein Grund das Werk in Eisenach zu schließen, so wie es keinen Grund gibt, das Werk in Douvrin zu schließen. Für die Einheit der Arbeiter hier und an allen Standorten von Stellantis!

In ihren Redebeiträgen setzten die Kolleg_innen aus Frankreich ein starkes Zeichen der internationalen Solidarität und machten unmissverständlich klar, dass es die selbe Logik ist, unter der alle Beschäftigten leiden, egal an welchem Standort, egal in welchem Land: meme Patron, meme Combat! – Gleicher Boss! Gleicher Kampf!

Auf dem Weg zu einer sozialökologischen Transformation von unten?

Ein weiterer Höhepunkt war die Rede von Bernd Lösche, Betriebsratsvorsitzender von Opel in Eisenach. Er machte klar, dass all die Probleme, die nun vorgeschoben werden, um die Leute auf die Straße zu setzen, nicht die Fehler der Belegschaft waren, sondern Fehler des Managements. Sie müssten dann bitte auch die Zeche zahlen. Um solche rücksichtslosen Entscheidungen in Zukunft zu verhindern, mangelt es den Betriebsräten bisher aber an Mitbestimmungsmöglichkeiten. Er forderte daher eine Erweiterung der betrieblichen Rechte nach Betriebsverfassungsgesetz, mit der die Interessenvertretung frühzeitig in Standortentscheidungen einbezogen werden muss. Die IG Metall stellt eine solche Forderung an die Bundesregierung. Wir unterstützen das ausdrücklich. Aber wir sagen auch: Mitbestimmung alleine reicht nicht aus und ist nicht dasselbe, wie eine soziale, ökologische Transformation der Automobilindustrie von unten. Angestoßen und maßgeblich getragen von den Beschäftigten.

Für uns ist klar: ohne eine nachhaltig gestaltete Industrie wird auch eine gerechte, demokratische, sozialistische Gesellschaft innerhalb ökologischer Belastungsgrenzen nicht funktionieren. Es ist allerdings entscheidend, wer die Mittel der industriellen Produktion wofür anwendet, Wer über Was und Wie der Produktion entscheidet. Wir sind überzeugt, dass die momentane gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung nicht in der Lage ist, eine gerechte Gesellschaft unter Rücksichtnahme natürlicher Gesetzmäßigkeiten der Nachhaltigkeit herzustellen. Es ist und bleibt die Produktivitäts- und Profitmaximierung der Zweck jeder kapitalistischen Wirtschaft. Der Wechsel zu angeblich ‚nachhaltigen‘ Produkten eröffnet für das Kapital derzeit neue Absatzmöglichkeiten, die krisenbeutelte ‚alte Welt‘ der Automobilproduktion kann ersetzt werden, durch Elektroautos. Andere Rohstoffe, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle versprechen neuen Absatz. Dabei sollen die in der Nachkrieg-Ära gewonnene Organisations- und Mobilisierungsmacht der Arbeit_innenklasse gleich mitentsorgt werden. Die Gewerkschaften müssen sich von diesem Modell einer ‚Erneuerung‘ und ‚Entfesselung‘ der Wirtschaft distanzieren, denn die Werktätigen kommen hier in jedem Fall unter die Räder. Vielmehr ist es notwendig, über die nun allerorts um Hilfe erbetene öffentliche Hand die Produktion nicht bedingungslos zu unterstützen, sondern öffentliche Gelder und öffentliche Kontrolle und Entscheidungsmacht zu koppeln. Montanmitbestimmung oder VW-Gesetz machen es vor.

Der Kapitalismus ist absolut unvereinbar mit einer ökologischen Wirtschaftsweise und er wird die Probleme, die wir haben nicht lösen: nicht den Klimawandel und nicht die immer wiederkehrende Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und der Unsicherheit von abhängigen Beschäftigten, wie sich ihr Leben zukünftig gestalten wird. Wir halten es mit den französischen Genossen einerseits: Für eine Aufteilung der Arbeit unter allen! Dafür runter mit dem Arbeitstempo und runter mit der Arbeitszeit. Und den Beschäftigungsvertretern andererseits: für eine soziale UND eine ökologische Transformation, mit den Beschäftigten und gegen den blinden Profitwahn!

Glück auf!

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